Ich habe es mir schon lange gewünscht, und dann ging es ganz schnell. Am Vatertag (2023) war ich mit dem „Leihjunior“ in Uelzen zu Besuch auf dem Flugtag – und Fliegerkamerad Marcus Diehl war mit seinem Schulgleiter SG 38 auch zu Gast. Die Vorführung der Hüpfer per Gummiseilstart ist für das Publikum immer ein besonderes Spektakel und natürlich ließ ich mir eine Anstellung als „Gummihund“ auch nicht nehmen.
Zur Erklärung: beim Gummiseilstart braucht man eine große Mannschaft für das Flugvorhaben. Die „Gummihunde“ ziehen das Gummiseil, besser die Gummiseile, aus. Sechs Männer oder Frauen ziehen auf jeder Seite am Hanfende, denn das Gummiseil selbst ist sehr empfindlich, V-förmig nach vorne links und rechts, während eine vierköpfige Haltemannschaft das Flugzeug am Halteseil in der Position hält. Ein weiterer guter Geist hält die Fläche waagerecht. Der auf seinem Sitz angeschnallte Pilot fragt dann laut ab: „Haltemannschaft fertig?“ „Fertig!“. „Seilmannschaft fertig?“ „Fertig!“ „Ausziehen!“ Dann setzt sich die Seilmannschaft in Seilrichtung in Bewegung. Wenn eine gewisse Seilspannung erreicht ist, kommt das Kommando „Laufen!“ und dann wird nach Kräften gerannt. Beim Kommando „Los!“ muss die Haltemannschaft möglichst gleichzeitig das am Heck des Flugzeuges befestigte Halteseil loslassen. Dann saust das „Gestell“ los, hebt ab, flieget ein paar Meter hoch und ein paar Meter weit, um dann bald wieder auf der Kufe zu landen.
Nach zwei Vorführungen und vor einer weiteren bat Marcus mich, ich möge mich kurz auf den Pilotensitz setzen, damit das Heck hochkommt, und als ich da erstmal saß, fragte er mich, ob ich da gleich sitzen bleiben wolle…. Ja klar, wollte ich. Er gab mir noch ein paar kurze Hinweise, dann schnallte ich mich an, dreht den Schirm meiner Schiebermütze nach hinten, setzte mir die Brille auf – und wurde tatsächlich ein wenig nervös.
Dann sagte ich mir aber, dass da vor fast hundert Jahren „Jungens“ saßen, die noch nie vorher geflogen waren, und ich bin jetzt mehr als 27.500 Flugstunden auf allen möglichen Flugzeugen (klein, groß, langsam, schnell, motorlos, mit Motor, Schulterdecker, Tiefdecker, Doppeldecker) geflogen, da werde das ja wohl hinkriegen.
Ja, ich habe es hinbekommen, beim ersten Mal stieg ich etwas zu hoch, was zu einer nicht soooo schönen Landung führte, aber beim zweiten Mal klappte es schon ganz prima, und ich flog in geschätzten fünf Metern Höhe etwa 100 m dahin. Der Kniff: Start mit voll gezogenem Höhenruder, damit man vom Boden freikommt, dann aber schnell nachlassen und in den Horizontalflug übergehen, damit die Fahrt nicht gleich wieder weg ist. Wie schnell ich war? Keine Ahnung, denn Zeit, auf den Fahrtmesser zu gucken, hatte ich nicht.
Es war aber ein tolles Gefühl, ich habe die wenigen Sekunden sehr genossen, und verneige mich in Ehrfurcht vor den Altvorderen, die ganze Wochenenden gezogen, geschleppt und gehalten haben, um ein oder zwei Hüpfer machen zu können. Mein Vater hat es mir oft genug erzählt. Von Hannover mit dem Fahrrad (sicher kein E-bike, sicher keine !0 Gang-Schaltung, sicher kein Carbonrahmen) nach Neustadt am Rübenberge, einfach nur für ein paar Augenblicke fliegen. Die Flugzeiten wurden damals noch in Sekunden gemessen und ins Flugbuch eingetragen……